Das Wichtigste zur Geltendmachung eines Unfallschadens - Ihre Rechte nach einem Verkehrsunfall

Sobald Sie den Unfallort verlassen haben, stellen sich viele weitere Fragen. In der Regel ist es das Beste, den nächsten Tag abzuwarten, bevor Sie weitere Maßnahmen ergreifen. Selbst im Falle der Verletzung einer Person, ist die Kfz-Haftpflichtversicherung erst innerhalb von 48 Stunden zu benachrichtigen.

Wenn Sie jedoch verletzt sind und Schmerzensgeld geltend machen möchten, sollten Sie sich, wenn möglich noch am selben Tag ärztlich untersuchen lassen. Als (vorläufigen) Beleg benötigen Sie ein Kurz-Attest oder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Dies gilt nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Selbständige. Denn aus der Dauer der Arbeitsunfähigkeit lässt sich auf die Schwere der Verletzung schließen.

Am nächsten Tag sollten Sie das Geschehen noch einmal durchdenken: Was ist passiert; welche Schäden sind bei mir und der Gegenseite entstanden; sind diese Schäden absehbar nach Umfang, Dauer und Höhe; wie sieht die Beweislage für Sie und wie für die Gegenseite aus, sind Maßnahmen wegen etwaiger Ordnungswidrigkeiten oder auch Straftaten gegenüber Ihnen oder der Gegenseite zu erwarten?

Je nach Einzelfall sind dann folgende Maßnahmen wichtig:

1. Einzig und allein wenn Personen getötet wurden, müssen Sie Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung innerhalb von 48 Stunden informieren.
In allen übrigen Fällen haben Sie eine Woche Zeit. Nutzen Sie diese Zeit, um sich über das Geschehen und Ihre Folgerungen völlig klar zu werden sowie um Rechtsrat einzuholen. Eine vorschnelle, unbedarfte Schadensschilderung gegenüber Ihrer Versicherung kann zu einer ebenfalls vorschnellen (Teil-)Übernahme des gegnerischen Schadens und damit zu einer Rückstufung Ihrer Schadensfreiheitsklasse führen.

2. Begutachtung des Schadens an Ihrem Fahrzeug durch einen Sachverständigen. Wichtig ist, dass es sich um einen unabhängigen, öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handelt!

Ein unabhängiges Sachverständigengutachten ist notwendig, um die Beweislage zu sichern und darüber hinaus eine zügige Reparatur zu ermöglichen. Das Gutachten muss vor Durchführung der Reparatur erstellt werden. Nach einer Reparatur ist ein aussagekräftiges Gutachten kaum noch möglich.

Vor allem wenn Ihr Fahrzeug nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit ist, Sie es aber täglich benötigen, sollten Sie den Schaden möglichst umgehend begutachten lassen.

Die Kosten eines Sachverständigen sind, soweit keine eigene Haftung gegeben ist, als Schadensposten voll ersatzfähig.

Anderes gilt bei Bagatellschäden: Hier sollte ein Kostenvoranschlag durch Ihre Fachwerkstatt erstellt werden. Ein Bagatellschaden liegt vor bis zu einer Reparaturkostengrenze von 500,- bis 1000,- Euro (die Rechtsprechung zur Höhe des Betrages ist leider nicht einheitlich). Da man typischerweise vor Schadensermittlung die Schadenshöhe nicht bestimmen kann, kann Ihnen auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn nach Beauftragung eines Sachverständigen sich ein etwas niedrigerer Schadensbetrag ergibt. Außerdem gibt es oft die Möglichkeit, bei der Werkstatt Ihres Vertrauens um eine kurze mündliche - und kostenlose - Auskunft zu bitten, ob die Beauftragung eines Sachverständigen notwendig ist.

3. Sofern Sie Ihren Wagen täglich benötigen, dieser jedoch nicht mehr fahrbereit ist, stellt sich die Frage nach einem Mietwagen sehr schnell. Wenn Sie keine (Mit-)Haftung trifft, sind die Kosten eines Mietwagens von der Gegenseite zu tragen, sofern Sie zügig Ihr Fahrzeug reparieren lassen oder einen Ersatzwagen kaufen. Folgendes sollten Sie jedoch beachten:
* Selten ist eine Notreparatur möglich und günstiger als die zu erwartenden Mietwagenkosten. In solchen Fällen können keine Mietwagenkosten gefordert werden.
* Wenn Sie täglich weniger als 30 km fahren, werden Mietwagenkosten nicht erstattet. Hier können Sie Ersatz von Taxikosten verlangen.
* Vergleichen Sie soweit möglich die Tarife unterschiedlicher Mietwagenanbieter. Und fragen Sie nach unterschiedlichen Angeboten.
* Wenn Ihr beschädigtes Fahrzeug jedoch nur haftpflichtversichert ist, ist es möglich, dass die gegnerische Versicherung versucht, einen Abzug von den Mietwagenkosten geltend zu machen. Nicht nur nach meiner Einschätzung ist diese Verfahrensweise jedoch verfehlt. Denn ein Mietwagen ohne Vollkaskoversicherung ist heute faktisch nicht mehr zu finden. Auch die in der Wagenmiete enthaltenen Versicherungskosten sind darum notwendige, unumgängliche Kosten und aus diesem Grund zu ersetzen.

4. Im Einzelfall können bei der Schadensregulierung eine Vielzahl weiterer Ansprüche geltend gemacht werden. Lediglich überblickshaft seien genannt: Reparaturkosten, Wiederbeschaffungspreis, Merkantiler Minderwert, Nutzungsausfallsentschädigung, Abschleppkosten, Unkostenpauschale, Totalschadenspauschale, Schmerzensgeld und weitere (gegebenenfalls überaus gewichtige) Ansprüche wegen der Verletzung oder Tötung einer Person.

Schon auf Grund dieser Fülle möglicher Ansprüche ist bei etwas gewichtigeren Verkehrsunfällen die Einschaltung eines Rechtsanwaltes notwendig. Der Anwalt Ihres Vertrauens übernimmt für Sie die Geltendmachung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche in umfassender Weise. Er hilft Ihnen zusätzlich, frühzeitig einzuschätzen wie hoch das Risiko ist, dass Sie wegen einer (Mit-)Haftung in Anspruch genommen werden und hilft dieses Risiko zu verringern.

Wenn Sie verkehrsrechtsschutzversichert sind, werden die Anwaltskosten auf jeden Fall getragen. Im übrigen sind auch Anwaltskosten Schadensposten, die bei alleiniger Haftung der Gegenseite zu 100 % zu erstatten sind.

Abschließend nochmals mein Hinweis: Seien Sie vorsichtig gegenüber Angeboten der gegnerischen Versicherung. Die Kfz-Haftpflichtversicherungen versuchen vielfach, dem Geschädigten schnelle und unproblematische Hilfe anzubieten. Letztlich ist es das Ziel dieser Bemühungen, die Kosten der Versicherer zu verringern. Wenn Ihnen versprochen wird, dass alles für Sie erledigt werde, bedenken Sie, was Sie aus der Hand geben: Die Beauftragung eines unabhängigen Sachverständigen kann wichtig sein für die Feststellung und Beurteilung des Sachschadens und vieler weiterer Ansprüche. Wenn der Schaden nur durch einen eigenen Gutachter der Versicherung aufgenommen wurde, und der Schaden gleich im Auftrag der Versicherung behoben worden ist, bedeutet dies, dass die beste Möglichkeit zur unparteiischen Sicherung der Beweislage unwiederbringlich vertan ist. Nur die Einschaltung eines Rechtsanwalts bietet Gewähr für eine umfassende Geltendmachung sämtlicher Schadensposten.



Rechtsanwalt Paul Wegener, Mannheim (vormals Ludwigshafen)

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